Hurra, es schneit

Verschlafen machte ich meine Augen auf!
Obwohl die Übervorhänge zugezogen waren, sah ich, dass der Plafond hell war. Es hatte doch tatsächlich, wie angekündigt, geschneit und die Wiese bewies das durch das reflektierende Deckenlicht. Ab da an war ich hellwach, stand rasch auf und schaute auf der Straßenseite zum Fenster raus. Der Schneepflug rumpelte gerade vorbei und pflügte sich mit seiner schweren Schaufel einen Weg durch die parkenden Autos. Dieses dumpfe, polternde Geräusch war also der kreisende Schneepflug, ich hörte es im Unterbewusstsein öfter in der Nacht. Gleichzeitig dachte ich an die armen Menschen, die mitten in der Nacht ausrücken mussten.

Schnee in Innsbruck Schnee in Innsbruck Ich schaufle das Auto meines Mannes aus Mein Mann und ich im Tiefschnee

Ausgerechnet heute musste ich außer Haus,, da ich mir einen Arzttermin ausgemacht hatte. Wegen der Wetterlage traute ich mich nicht, diesen absagen. Andere mussten auch hinaus, entweder in die Schule oder Arbeit.

Eine Stunde später war ich draußen. Ich hörte ausgelassene Kinderstimmen, die sich offensichtlich über den Schnee freuten. Es lag ja auch genug, um einen Schneemann bauen zu können oder eine Schneeballschlacht zu machen. Mich blendete die weiße Pracht. Konnte der nicht blau, grün oder rot sein? Denn dann würde er mich weit weniger blenden! Es wehte ein eisiger Wind und die feinen vielen Schneeflocken piksten wie Nadeln im Gesicht. Haube oder Schirm schützten dagegen wenig.

Wo war denn bloß die Gehsteigkante, damit ich die Straße überqueren konnte? Rumpel hinunter, aja da war sie. Ich kniff meine Augen zusammen - aha, das tun Sehende auch, wie ich beobachtete. Offenbar blendete nicht nur mich das "Rundumweiß". Zum Glück schien nicht auch noch die Sonne, sonst wäre dieser Anblick noch blendender. Alles ist mit Schnee so leise, so dumpf, klingt wie unter Watte. Nun fiel auch noch zu einem großen Teil der Hörsinn weg, der sonst mithalf zu beurteilen, wie entfernt ein Auto war und ob ich die Straße überqueren konnte. Also äugt mein "Sehrestauge" besonders vorsichtig herum. Ich entschloss mich, auch wegen nur einer Station, mit der Straßenbahn zu fahren, denn das Sehen beim Gehen strengte mich unter den Bedingungen sehr an. Während des Wartens hatte ich Zeit und Muße, mich auf andere Dinge zu konzentrieren.

Ich schaufle Willys Auto frei

Gott sei Dank war ich eine dreiviertel Stunde früher weggegangen, ging mir durch den Kopf. Es standen schon eine Menge Leute in der Station, also dürfte auch die "Bim" nicht weiterkommen. Der Schneepflug hatte richtige Wechten zu den parkenden Autos geschoben, damit die Straße vom Schnee frei ist. Tja, wer jetzt wegfahren musste, hatte wirklich Mühe, erstens sein Auto überhaupt zu finden, zweitens es freizuschaufeln und drittens rauszukommen. Mir fiel die Situation vom vorigen Winter ein, wo ich das Auto eines Freundes vom Schnee befreit habe, war echt anstrengend.

Die Luft roch gut, so frisch und rein. Hoffentlich verzog sich der LKW bald, sonst wars aus mit der sauberen Winterluft, die ich genüsslich einatmete. Von fern hörte man das Geräusch von Schneeschaufeln. Die Straßenbahn war überfüllt und viele Leute waren eingemummt wie am Nordpol. Die Scheiben angelaufen, sodass einige sich mit dem Ellbogen oder den Handschuhen ein Gucklöcher freimachten, um raussehen zu können.

Als ich ausstieg, konnte ich grad noch die Ampel erkennen, denn auch die war zugeschneit. Phu, fast wäre ich jetzt gestürzt, denn unter der Schneedecke war eine Eisplatte. Ich kam ganz schön ins Schleudern und verlangsamte meinen Schritt. Ob Sehende diese Eisschicht gesehen hätten?

Solche Unmengen an aufgeschaufelten Schneehaufen. Wo war denn bloß der Zugang zu den Gemeindebauten, in denen sich der Arzt befand? Ah, da stapft Jemand, dem ging ich nach.

Sehbehindert zu sein ist schon sonst anstrengend, aber dann noch im Winterweiß, wo Alles ineinander verschmilzt, unbeschreiblich.

Mir tut trotz Allem keine Wetterkapriole was zu Fleiß, denn ich lasse mich davon nicht unterkriegen oder entmutigen. Ich gehe hinaus und kämpfe mich durch. Würde ich nämlich sicherheitshalber daheim bleiben, reißt das schleichend ein und ich traue mich immer weniger aus meinen vertrauten vier Wänden. Ich möchte so gut wie möglich selbständig bleiben und arbeite fest und hart an mir und daran.


Zurück zur Traumtänzer
Startseite

Letztes Update 03 August 2019
© Copyright by Burgi Bänder, Wien