Weil ich schon zweimal auf Velavaru war, geht mir das Schicksal dieser Inselbewohner sehr nahe. Deren ruhige Art mag ich sehr, nicht zuletzt deshalb, weil ich einige von ihnen näher kennenlernen konnte, da sie Günther und mich persönlich betreut haben. Die Insel ist mir vertraut, dass sie jetzt so zerstört wurde, tut mir bis in die Seele hinein weh.
In der Nacht auf den 26. Dezember 2004, einem Sonntag, gab es um ca. 4 Uhr ein Erdbeben, um ca. 6.30 Uhr war ein weiteres, jedoch leichteres zu spüren. Das Epizentrum lag im Indischen Ozean, rund 1500 km von der Insel Sumatra entfernt, gemessen wurde die Stärke 9,0 auf der Richterskala. Die tektonischen Platten hatten sich unter dem Meeresboden um 30 Meter verschoben. Stärkere Erdbeben wurden bislang kaum gemessen und treten laut Seismologen etwa alle 700 Jahre auf.
Gegen 9 Uhr wurde das Wasser am Riff unruhig, das Meer zog sich nach und nach viel weiter zurück, als es sonst normalerweise bei Ebbe der Fall war. Viele Touristen waren von dem Anblick überrascht und sie gingen an den Strand - ein fataler Fehler, den ich sicher auch gemacht hätte. So ein eigenartiges Phänomen bekommt man ja üblicherweise nicht vor die Linse. Zum Glück reagierten die Einheimischen geistesgegenwärtig; sie leben ja ständig auf den Inseln und kennen das Meer weit besser als die Touristen, die meistens nur 2 Wochen im Jahr ihren Urlaub in den Ressorts verbringen. Sie erkannten noch früh genug, dass eine gefährliche Flutwelle im Anrollen war, und gaben Alarm.
Dieses Foto stammt von einem Touristen und ist nicht von Velavaru. Es soll lediglich die Wucht zeigen, die eine Tsunami auslösen kann.Alle liefen um ihr Leben und versuchten sich auf Dächer, den höher gebauten Staffbereich oder auf Palmen zu retten. Einige Touristen auf anderen Inseln – man sieht es in zahlreichen Amateurvideos oder auf Fotos - bekamen entweder keine Warnung oder ignorierten sie. Die Welle am Horizont war eine Sensation und viele Menschen realisierten die nahende Bedrohung zu spät.
Auf Sri Lanka, Thailand und Indien gibt es Tote und
Verwüstungen in einem Ausmaß, das nicht nur meine Vorstellung übersteigt.
Mir gehen die erschreckenden Bilder so unter die Haut, dass ich nicht gut schlafen
kann bzw. davon träume. So viele Menschen haben Angehörige und
all ihr weniges Hab und Gut verloren, sie stehen - oft selbst verletzt - vor dem Nichts. Helfer arbeiten über
ihre Grenzen hinaus - Arme Menschen, verlorenes Paradies.
Spenden und beten ist das Einzige, was ich von hier aus tun kann.
Und eines ist meinem
Günther und mir klar; Sobald "unsere Insel" wieder eröffnet wird, zählen
wir zu den Gästen. Gebucht haben wir für den Februar, aber unsere Sach-
und Geldspenden sind hoffentlich auch dann noch vor Ort eine Hilfe.
Ein bereits in der Heimat angekommener Tourist schrieb:
Die Insel befand sich 1 bis eineinhalb Meter unter
Wasser. Ein Schnorchler konnte nur noch tot geborgen werden, eine
Touristin starb ebenfalls. Ein Mitglied der Bootscrew wurde durch eine herabstürzende
Mauer schwer verletzt. Die Betonteile der Bungalows stehen noch, jedoch die Türen
und Fenster wurden großteils zerstört. Viele haben ihr Gepäck verloren und es war kein
Strom, kein Telefon, kein Wasser. Wir haben im Staffbereich in der Nacht unter
freiem Himmel geschlafen, um zur Not in den 2. Stock flüchten zu können. Das
Personal hat Übermenschliches geleistet und teilweise die Nacht
durchgearbeitet. Die Insel wurde Sonntagnacht bzw. Montag evakuiert.
Ocean-Pro (die Crew der Tauchschule) berichtete Folgendes:
Leider ist Velavaru sehr stark betroffen und auch immer
noch kommunikativ von der Außenwelt abgeschnitten. Alle Gäste wurden noch in
der Nacht oder am Morgen nach der Welle evakuiert. Auch dort sind alle
Ocean-Pro-Leute wohlauf und haben bereits mit den Aufräumungsarbeiten begonnen.
Übersetzte und gekürzte Fassung aus dem
öffentlichen Brief von
David S. Feinberg, Chef von Crown & Campa Resorts
P.O Box 2033
Male`, 20-05
Republik of Maldives
Als alle Gäste in Sicherheit gebracht wurden, verließen auch viele Staffleute die Insel, um zu ihren Familien in Sri Lanka und Indien zu gelangen. Die 40 verbleibenden Mitarbeiter brachten - so gut als möglich - wieder ein paar Dinge in Ordnung.
Der Schaden auf Velavaru ist zwar groß, kann aber, so bald als
möglich, repariert werden. Was wird instand gesetzt bzw. erneuert:
Die Terrassen, Türen und Fensterscheiben, wie auch alles andere aus Holz.
Telekommunikation, Fax und E-Mail werden in einigen Tagen funktionieren.
Wir versuchen, "das kleine Wunder" zu vollbringen, die Insel wieder komplett
instand zu setzen.
Velavaru wird am Sonntag, dem 20. Februar 2005, wieder so hergestellt sein,
wie Sie es in Erinnerung haben.
Alle Gäste, die Meeru gebucht haben, versuchen wir in unseren
Landbungalows unterzubringen,
da Meeru komplett zerstört wurde
Tsunamis entstehen, wenn es zu einer heftigen Bewegung im Boden kommt. Das kann entweder bei einem Erdbeben oder bei einem Vulkanausbruch geschehen. So werden mit einem Schlag große Mengen Meerwasser verdrängt. Dadurch breitet sich vom Zentrum her eine Welle auf dem Meer aus. Sie ähnelt den kreisförmigen Wellen, die sich auf einer sonst glatten Wasseroberfläche bilden, wenn man einen Stein ins Wasser wirft. Allerdings ist die Energie, die in einem Tsunami steckt, so groß, dass die Welle nicht nur auf der Wasseroberfläche, sondern auch noch in großer Wassertiefe registriert wird. Auf dem offenen Meer ist sie nicht gefährlich, sie kann lediglich einige Dezimeter hoch werden. Erst auf dem Weg zum ansteigenden Festland entfaltet sie ihre Wucht, Höhe und Stärke, die sie so bedrohlich macht.
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Letztes Update 01. Jänner 2005
© by Burgi Karnutsch, Wien