Weltmeisterschaft im Tastaturschreiben für sehbehinderte und blinde Menschen

Allgemeines

Die Leiterin des Österreichischen Stenografenverbandes, Marlis Kulb, hat seit Jahren engen Kontakt mit dem Bundes-Blindenerziehungsinstitut (BBI), da die Schülerinnen und Schüler des ehemaligen Stenotypistenlehrganges und der Handelsschule regelmäßig an den Wettschreiben des Österreichischen Stenografenverbandes teilnehmen. Frau Kulb hatte die Aufgabe, die Weltmeisterschaften für Stenografie und Tastaturschreiben 2005 in Wien auszurichten. Sie hat vorgeschlagen, dass erstmals blinde Menschen in einem Spezialbereich antreten sollten, wenn das BBI die Organisation dieses Bewerbes übernimmt. Die Leitung des Institutes, zum Zeitpunkt der Verhandlungen Prof. Haslinger, war damit einverstanden und so konnte der Bewerb stattfinden. Prof. Erich Schmid hat dann die Ausschreibung an so viele Institutionen und Organisationen wie möglich verschickt und die Organisation der Details übernommen.

Vom 23.-29. Juli 2005 fand nun diese Weltmeisterschaft „Tastaturschreiben und Stenografie“ statt. Durchgeführt wurde sie von der Intersteno. Diese ist der Weltverband aller Vereine, die sich mit Stenografie und Computer-Anwendungen beschäftigen. Im Rahmen dieser Kongresse werden alle zwei Jahre Weltmeisterschaften abgehalten. Ca. 500 Teilnehmer/innen aus etwa 35 Ländern der Welt nahmen an dieser WM in Wien teil.

Erstmals wurde die Zusatzveranstaltung „Tastaturschreiben“ für blinde und sehbehinderte Menschen durchgeführt.
Zur Teilnahme am Zusatzbewerb war jede blinde bzw. sehbehinderte Person berechtigt. Es wurde eine 30-Minuten-Abschrift oder Ansage (durch geschultes Personal) angeboten.

Persönliche Eindrücke

Teilnehmende:
7 Erwachsene, 3 Junioren und 2 Schüler.
Eine Woche vor der WM bot uns Prof. Erich Schmid an, bei einer Probeansage, welche er diktierte, teilzunehmen. Wir nahmen sein Angebot dankend an. Im Zuge dessen konnten wir unsere Geschwindigkeit (Anschläge pro Minute) und Fehlerquote testen und hatten eine ungefähre Ahnung, wie wir am Tag der WM abschneiden würden.

Am Montag, dem 25. Juli 05, versammelten wir uns gegen 9.00 im Informatikraum des BBI. Der Präsident der Jury Maschinschreiben, Mauro Panzera, war zur Eröffnung unseres Bewerbes gekommen, was uns ehrte. Prof. Erich Schmid teilte uns noch letzte, wichtige Informationen mit.
Die voll sehenden Teilnehmer an den anderen Bewerben der Weltmeisterschaft schrieben mittels Abschrift und verfügten somit über genaue Kenntnisse bezüglich der Groß- und Kleinschreibung, sowie der Rechtschreibung. Da wir diesen Vorteil nicht nutzen konnten, wurde uns zuvor von einem Textverarbeitungslehrer der Text vorgelesen. Zwischendurch konnten wir Fragen stellen, wenn Unklarheiten bezüglich der Schreibweise eines Wortes bestanden.

Die sehbehinderten Bewerber schrieben an einem PC , der mit Zoomtext (Vergrößerungsprogramm zum Lesen der Bildschirmaktivitäten) ausgestattet war. An einem anderen PC schrieben die blinden Teilnehmer und hatten unterstützend eine Braillezeile (Blindenschriftzeile), die ihnen den Inhalt (eine Zeile) des Bildschirmes wiedergab. Vor Antritt waren wir alle etwas nervös doch jeder gab sein Bestes. Es war interessant und aufregend zugleich, den Text diktiert zu bekommen, während ein zweiter Textverarbeitungslehrer am Bildschirm mitlas, was man schrieb. Man konnte auch zwischendurch fragen, wie sich das betreffende Wort schreibt.
Auch Textkorrekturen waren erlaubt, man verlor aber dadurch Zeit. Es zählte nicht allein die Zahl der Anschläge, sondern es war vielmehr wichtig, möglichst fehlerfrei zu schreiben, denn pro Fehler wurden 100 Anschläge abgezogen.

Wir erfuhren am selben Tag nur die ungefähre Zahl der Bruttoanschläge, nicht aber das Ergebnis nach Abzügen. Dieses wurde uns erst am darauffolgenden Donnerstag anlässlich der großen Siegerehrung im Rathaus mitgeteilt. Aus jeder Disziplin wurden die drei Besten vorgelesen, die dann eine Medaille und der Weltmeister zusätzlich einen Pokal erhielten.
1. und somit Weltmeisterin wurde Susanna Köfinger aus Österreich mit 431,62 Anschlägen pro Minute und 0,26 % Fehlern.
2. wurde Franz Schöffmann aus Österreich mit 334,47 Anschlägen pro Minute und 0,09 % Fehlern.
3. wurde ich, Nothburga Karnutsch aus Österreich mit 348,67 Anschlägen pro Minute und 0,28 % Fehlern.

Es war ein ereignisreicher Tag und wir waren stolz, bei einer Weltmeisterschaft dabei gewesen zu sein, bei der wir sehr gut abgeschnitten haben.

Franz, Susi und ich mit den Medaillen umgehängt


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Letztes Update 03. August 2005
© Copyright by Nothburga Karnutsch, Wien