Blinde Komparsen

Mag. Martin Tree, PR-Referent des BSVWNB (Pressereferent des Blinden- und Sehbehindertenverband Wien, Niederösterreich, Burgenland) informierte uns, dass Komparsen für die Fernsehsendung „Soko Donau“ gesucht würden und sich Interessenten per E-Mail bei ihm melden können.
Bevor ich mich dafür interessierte, informierte ich mich im Internet über Details.

Die Soko Donau ist eine österreichische Kriminalserie und wurde erstmals 2005 ausgestrahlt. Komparsen sind Klein- oder Laiendarsteller, die zumeist im Hintergrund agieren.

Daraufhin beschloss ich, mich zu bewerben und bekam einen Anruf von Claudia, die für die Besetzung zuständig ist. Ich wäre eine der blinden bzw. sehbehinderten Komparsen, die am Drehort auf Schloss Eckartsau gebraucht werden.
Eckartsau liegt zwischen Orth und Hainburg an der Donau in Niederösterreich.

Wir wurden am Donnerstag, dem 24. Juli 2009, um 9.00 von Frau Johanna, die für die Filmproduktion zuständig zuständig ist, abgeholt und fuhren in einem Kleinbus zum Drehort. Von Mitarbeitern der Fernsehserie wurden wir in einen Innenraum gebracht. Im Gegensatz zu den 36° C, die es im Freien hatte, denn dieser Tag war der bisher heißeste des Jahres, war es im Schloss selbst angenehm kühl. Wir wurden mit Speisen und Getränken versorgt und empfanden die Hilfestellung die uns zuteil wurde als sehr aufmerksam. Da wir 10 Personen waren (Blinde, Sehbehinderte und sehende Begleiter), uns untereinander aber nur teilweise kannten, hatten wir während des langen Tages ausreichend Zeit dazu und wurden eine wirklich angenehme Runde.

Wir sitzen um den Tisch

Zuerst nahmen wir an, dass wir als Reisegruppe im Hintergrund mitwirkten, stellten aber bald fest, dass wir in unterschiedlicher Zeitabfolge einzeln an verschiedene Orte abgeholt wurden. Ich bemerkte, dass Sehende von „Blinden“ eine fixe Vorstellung hatten:
Schwarze Brille, Blindenschleife und Blindenstock.
Früher wurde Kriegs-, Geburts- oder Unfallblinden dazu geraten, dunkle Augengläser zu tragen. Nicht etwa um ihre nicht sehenden Augen zu schützen sondern um die Öffentlichkeit vor dem Anblick nicht so schöner Augen zu bewahren bzw. sie nicht zu erschrecken.

Zugewiesene Sitzplätze sind für einen bestimmten Personenkreis vorbehalten, abgebildet ist unter anderem ein blinder Mann mit schwarzer Brille, einer Armschleife und einem Stock.
Jeder von uns wurde einzeln oder zu zweit von Claudia abgeholt und an verschiedene Einsatzorte gebracht. Ich kann nur erzählen, wofür ich vorgesehen war und was ich erlebt habe.

Claudia geleitete mich auf einen Balkon, von dem ich den Park und die Dreharbeiten sehen und hören konnte. Ich sollte mein Gesicht während der Aufnahme nicht Richtung Kamera sondern Park wenden. Beim Kommando "Achtung" hörte ich ein Auto heranfahren und einen Darsteller sprechen. Ich verstand aus meiner entfernten Position und weil es stark windig war nur einzelne Worte. Die Szene wurde dreimal wiederholt, sodass ich während der Pausen mit Claudia sprach, die beim Dreh unsichtbar im Hintergrund stand, und mir von ihr erzählen ließ, was sie sah. Darsteller und Kameraleute standen unter einem Sonnenschirm, der sie auch vor der extremen Hitze schützte. Ich hörte ein Gemisch aus Englisch und Deutsch und auch den Schauspieler Stefan Jürgens sprechen, den ich an der Stimme erkannte. Claudia war mit den Verantwortlichen mittels Funkgerät verbunden, erhielt Anweisungen und gab ihrerseits welche weiter. Obwohl ich als Komparse abseits der Handlung mitwirkte, empfand ich meinen Auftritt als spannend und aufregend.

Im Tagesverlauf wurde es auch im Innenraum heiß, die Gelsenplage war in Eckartsau ebenfalls enorm und das lange Sitzen wurde mit den Stunden mühsam. Weil an unterschiedlichen Orten im Innen- und Außenbereich des Schlosses gedreht wurde, trauten wir uns nur eine kleine Runde zu gehen.

Einer der sehenden Komparsen mit Namen Rudi war sehr aufmerksam und versorgte uns, wie ein Kellner, inklusive Humor mit Speis und Trank. Wenn es doch mehr so umgängliche und unkomplizierte Menschen geben würde, die mit unserem Personenkreis keine Probleme haben, wären wir weit weniger behindert als wir es, auf Vorurteile und Vorstellungen reduziert, sind.

Trotz Hitze, Mückenplage und viele Wartestunden war der Tag zwar anstrengend, aber auch angenehm und spannend, weil wir uns untereinander gut verstanden, ein paar netten Mitmenschen begegneten und – wenn auch nur am Rande – in die Welt der Dreharbeiten schnupperten.


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Letztes Update 26. Juli 2009
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