Bis Juli kämpfte ich mit der Umstellung, dass ich nun ohne Betreuer an einem anderen Trainingsort schoss. Anfangs war ich, beinahe unwissend, mit für mich vielen Anforderungen konfrontiert.
Bisher hatte Otmar die Kartuschen getauscht und gefüllt, da ja die CO²-Flasche im Schießclub stand.
Auch schaute er auf die richtige Nummerierung der Scheiben und wechselte sie,
damit ich nicht jedes Mal die Waffe abzusetzen brauchte.
Jetzt musste ich
mich selbst um all diese Dinge und noch mehr kümmern und das überforderte mich
zu Anfang. Otmar hatte es mit Sicherheit gut gemeint, wenn er jeden Handgriff
erledigte. Es hatte ja jahrelang Niemand von uns damit gerechnet, dass ich eines Tages so abrupt alleine sein würde.
Durch seine Betreuung kam ich nur selten auf den Gedanken, dass es klug gewesen wäre, mich ab und zu durchzusetzen und mich selbständig um Belange - außerhalb des Schießens - zu kümmern.
Ich hatte zwar ein paar Mal versucht, einen Anlauf in diese Richtung zu nehmen,
doch er war zu fürsorglich und väterlich.
Ich nahm mir ausreichend Zeit für jeden Handgriff. Ich befreite mich von jedwedem Druck und startete einen totalen Neuanfang. Ganz alleine übte ich mit zunehmender Freude zweimal die Woche, studierte Alles rund ums Training und bemerkte eine stetige Steigerung meiner Ergebnisse. Beim Wettkampf am 29. September 2001 wollte ich einfach nur dabei sein und ein für mich gutes Ergebnis erzielen, ganz egal, welchen Platz ich dabei errang.
Mein Günther und sein Bruder Willy begleiteten mich zur
Österreichischen Staatsmeisterschaft, die in Graz stattfand. Ich fühlte mich
bei „meinen beiden Männern“ beschützt und wusste, sie würden mich weder
belächeln noch tadeln, wenn ich nicht gut schießen würde. Von ihnen ging weder Stress noch Druck aus, was mich ruhig und ausgeglichen sein ließ.
Bei den Bewerben hatten wir - trotzdem ich mich
konzentrierte und wir uns nur flüsternd verständigten - Spaß. Günther tauschte
meine Scheiben, Willy schrieb mit. Ging mal ein Schuss nicht ins Zentrum, meinte
Willy witzig: „Upsi“ und beide grinsten. Das gab mir Sicherheit und Mut und ich musste selbst mitlächeln.
Fazit, ich wurde mit 397 von 400 Ringen Österreichische Staatsmeisterin im Bewerb „stehend aufgelegt“. Bei der Disziplin „stehend frei“ war ich leider Einzelstarterin, da Andrea aus Krankheitsgründen ausgefallen war und Maria kurzfristig absagen musste. Dort erreichte ich 365 von 400 Ringen, was für mich einen weiteren persönlichen Erfolg bedeutete.
Ich hatte es geschafft, die Trennung von Otmar und dem ehemaligen Schießclub war überwunden. Das fleißige Training der letzten Wochen hatte sich bezahlt gemacht und mit meinem Günther und Willy hatte ich die beste Betreuung, die mir zu zwei Goldmedaillen (eine für die Mannschaft) und einem schönen grünen Pokal verhalf.
Ein weiterer Tag in meiner „Schießkarriere“, den ich nie vergessen werde.
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Letztes Update 3. Oktober 2001
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