Multisportwoche 2010

Allgemeine Informationen

Diese findet schon seit Jahren für Blinde und Sehbehinderte statt und wird von Kursleiter Karl Mayr organisiert. Obertraun liegt im oberösterreichischen Salzkammergut am Südende des Hallstätter Sees im Norden des Dachsteinmassivs in 518 m Seehöhe.

Die Multisportwoche ist eine Veranstaltung für den Breitensport und jeder, den eines der Angebote interessiert, kann daran teilnehmen.
Hier einige Auszüge aus dem heurigen Programm:
Torball, Sportschießen, Leichtathletik, Kraft- und Beweglichkeitstraining, Aquatraining, Pilates, allgemeine Kraftausdauer, uvm.

Die einzelnen Sportarten werden ausschließlich von staatlich geprüften Trainern, Lehrwarten und Sporttrainern mit Erfahrung im Sport mit Blinden und Sehbehinderten geleitet.

Welche Infrastruktur steht zur Verfügung?
1 Dreifachturnhalle, 2 Mittelhallen, 1 Schwerathletikraum, 1 Tischtennisraum, 1 Kletterzentrum, 1 Sauna, 3 Rasenspielfelder, 1 Mehrzweck-Asphaltplatz, 1 Kunstrasenspielfeld, 2 komplette LA-Anlagen, 1 400-m-Laufbahn, 1 60-m-Laufbahn, 5 Kunstrasentennisplätze, 1 Beachvolleyballplatz, 1 Lehrsaal für 150 Personen, 1 Lehrsaal für 50 Personen, 4 Seminarräume, Großbildvideoanlage, LCD-Projektor, Videokamera, Dia- und Overheadprojektoren.

Meine persönliche Erzählung

Die Wiener Reisegruppe, die mit der ÖBB fuhr, traf sich am 11. Juli am Westbahnhof auf Bahnsteig 8, von wo es um 11.44 mit dem klimatisierten Intercity nach Attnang Puchheim ging. Wir stiegen knapp nach 14 Uhr in den Regionalexpress Richtung Stainach Irdning um und um 15.30 bei der Station Obertraun/Dachsteinhöhlen aus. An diesem Tag hatte es über 30°, was uns im nicht klimatisierten REX schwitzen ließ, auch wenn alle Fenster geöffnet waren. Mir gefiel die Aussicht auf den Hallstätter See und die immer höher werdenden Berge sehr, auch das kurvige, Bergauf- und abfahren. Von der Station holte uns ein Bus ab, binnen drei Minuten waren wir im Bundessport- und Freizeitzentrum.

Ich beschreibe im folgenden Text deshalb alle Richtungen so detailliert, weil sie für mich als Sehbehinderte wichtig waren, denn nur so konnte ich mich orientieren.

Vom Parkplatz aus gingen wir durch den Schranken ins Gelände. Rechts befinden sich die drei Unterkunftshäuser mit den Namen "Bad Aussee", "Obertraun" und "Hallstatt". Sie sind zweistöckig mit zum Großteil Vierbettzimmern. Diese haben, je nach Stockwerk, dreistellige Nummern die mit 1 oder 2 beginnen. Leider gibt es für vier Personen kaum Möglichkeiten, Bade- Handtücher oder nasse bzw. verschwitzte Kleidung aufzuhängen. Mehr Stangen oder ein Wäscheständer wären da hilfreich und preiswert. Die Kästen sind geräumig, es sind ausreichend Steckdosen vorhanden, denn jeder hat ja heutzutage ein Handy, Föhn etc. und auch sonst hat man im Zimmer Platz, sich zu bewegen.

Nach Ankunft, Schlüsselübergabe und Zimmerbesichtigung sowie ausräumen bzw umziehen, ging es um 18 Uhr in den Speisesaal. Von den Häusern aus geht man nach links und den langen geraden Weg nach vor, die schräge Rampe oder die paar Stufen nach oben und linker Hand durch den ersten Eingang mit den zwei Stufen hinein. Nach links gedreht gehts zu den Toiletten, gerade aus in den Bufettbereich. Auf einer schwarzen Tafel stehen jeweils mit Kreide die drei Mittag- oder Abendmenüs, zwischen denen man wählen kann. Für Blinde und Sehbehinderte ist Bufett mit Selbstbedienung zwar nicht optimal, aber es sind ja zum überwiegenden Teil sehende Personen anwesend.

Fürs Frühstück stehen rechts wie links verschiedene Wurst- und Käsesorten zur Auswahl, auch ein großer Korb mit verschiedenem Gebäck. In kleineren Körben gibt es Butter, Streichkäse, Marmelade und Honig wie Milch, Kakao oder Tee. Auf jedem Tisch stehen eine Kanne Kaffee und ein kleines Kännchen Milch sowie ein Zuckerstreuer, Servietten und das Hauptbesteck also Messer und Gabel. Kleine Löffel wie Suppenlöffel muss man sich selbst holen. Gerade aus rechts gibts Müsli mit Obst oder Kornflakes. Gleich rein links gibts Säfte, die man sich auch selbst nehmen muss.
Beim Mittagessen ist gleich rechts eine Schüssel mit Schnittlauch, daneben oder davor Einlage(n) für die Suppe. Meist steht gleich daneben ein großer Suppentopf mit klarer Suppe, nebenan Cremesuppe. Links gibts diverse Hauptspeisen, die vom Personal auf Teller gegeben werden. Gerade aus ebenfalls links nimmt man sich verschiedene Beilagen, meist Reis, Kartoffel, Knödel und Kartoffelpüree. Vorne rechts befinden sich die Nachspeisen. Man geht in eine Richtung hinein, in die andere hinaus, um sich nicht mit den vollen Tellern durch die angestellt wartenden Menschen schlängeln zu müssen.
Den meist 5-Personen-Tisch, den man sich am ersten Tag aussuchen kann, wenn man früh genug dran ist, hat man für die ganze Woche. Für uns ist er mit ÖBSV (Österreichischer Blindensportverband) gekennzeichnet, denn es sind etliche andere Gruppen dort, die zeitversetzt in den Speisesaal kommen, um einen großen Andrang und Tischnot zu vermeiden. Jeder Tisch hat eine eigene Nummer. An den Tischen sitzen jeweils Sehende (Betreuer, Begleitsportler) oder, so wie ich, Sehbehinderte, die den Nichtsehenden beim Bufett helfen oder für sie etwas holen.
Frühstück gab es um 8 Mittagessen um 12, Abendessen um 18 Uhr.

In den Speisesaal kann man durch zwei Eingänge gelangen, einer davon (der rechte) hat eine Rampe für Rollstuhlfahrer und führt direkt zum Sportkaffee, das sich eher rechts befindet, links kommt man ebenfalls in den Speisesaal, da stehen zwei Wasserbehälter und Gläser. Wir hatten die ganze Woche heißes und schönes Wetter, so saßen wir oft nach den Mahlzeiten, bevor die jeweiligen Sportprogramme starteten, draußen bei den Tischen, tranken noch etwas und plauderten. Zwischen Sportrestaurant und Speisesaal gibt es auch Toiletten.
Einen Abend gewitterte es leicht, da saßen wir im Innenraum des Sportkaffees, ist aber etwas hallig und mit vielen redenden Menschen unangenhm laut.

Vom Rampeneingang geht man gerade aus zu den diversen Sport- und Seminarräumen, die sich in einer Linie befinden. Geht man von den Quartierhäusern direkt zu diesen Hallen, geht man raus, nach rechts und den langen Weg nach vor.

Wir Schützen waren direkt gegenüber des Sportkaffees im ersten Haus, gingen durch eine Garderobe und gerade aus, die letzte rechte Tür, denn die Tür vorher waren die Torballspieler wie wir in einer großen Turnhalle eingeteilt. Wir funktionierten unsere zu einem Schießstand um. Die Trainer bauten am Sonntag Abend folgendes auf:
Eine große Wand mit schwarzem Filz und Gewichte, auf welche die Steher für die elektronische Schießanlage aufgesetzt wurden.
Jeder baute seine Beleuchtung auf, wir stellten Tische in 10 Meter Entfernung hin, auf denen die Laptops standen. Jeder Schuss eines Schützen wurde nicht nur optisch angezeigt sondern auch akustisch angesagt.
Beispiel: Ich schoss ins Zentrum, zeigte es mir einerseits den Schuss auf der symbolischen Scheibe an und obendrein steht 10,3, das höchste wäre 10,9. Auch zeigt und sagt das Programm uns die Schussrichtung an, also auf 2 Uhr. Der Schuss befindet sich also rechts oben und wenn dort mehrere Schüsse treffen, kann man mittels Feinjustierung auf der Spezialoptik die Richtung einstellen.

Wir schießen stehend frei Elektronik ausgestattet mit Monitoren

Jeden Vormittag absolvierten wir ein Schießtraining am Montag auch am Nachmittag.
Am Dienstag nachmittags ging ich mit Lothar, dem Kärntner Schießtrainer, in die Kraftkammer. Wir hatten ein intensives Training. das für mich auch lehrreich war. Die Geräte sind anders aufgebaut als ich sie kenne, aber wenn man sich erstmal einen Überblick verschafft hat, kann man als sehbehinderter Mensch auch alleine zurecht kommen. Danach gingen Lothar und ich zum Swimmingpool, in dem sich angesichts der hochsommerlichen Temperaturen viele Leute im Wasser tummelten. Zu unserer Freude waren es lauter verschiedene Gruppen, die mit ihren Lehrern Sprungübungen oder Wassergymnastik ausübten und nach einer halben Stunde aus dem Wasser stiegen. Wenige Minuten hatten Lothar und ich den Pool für uns alleine und genossen schwimmend einige Längen, bevor die nächsten Jugendlichen mit Trainern zur Wassergymnastik ins Wasser kamen und Lothar und ich gingen. Leider wimmelte es von Mücken und anderen stechenden Insekten, mich mochten sie offensichtlich besonders gern und ich reagierte zu allem Überfluss auch noch allergisch. Viele Stiche schwollen an, die Stelle entzündete sich, wurde rot, fühlte sich heiß an, puliserte und besonders die Beine taten dann beim gehen oder Laufen auf der Laufbahn weh. Die Laufbahn befindet sich hinter den Zimmern. Man geht zwischen den Häusern hindurch auf deren Rückseite vorbei an Tennisplätzen, die sich links befinden und sieht dann schon die etwas entlegene und ruhige Laufbahn. Ich genoss aber - einmal auch mit Lothar, der früher Marathon lief - die morgendlich kühle Bergesluft, um an zwei Tagen vor dem Frühstück 12 - 15 Kilometer zu absolvieren. Es war einfach herrlich zwischen 5.45 und 7 Uhr zu laufen, keine Menschenseele, nur ich allein mit der idyllischen Natur und der aufgehenden Sonne. Keine Hindernisse, auf die ich sonst im Freien achten muss und ein schöner, weicher Tartanboden, was mich zur Hochform auflaufen ließ.

Am Donnerstag Nachmittag nahm ich am Zirkeltraining in der kühleren Halle teil, denn draußen hatte es 36°.Die Trainer bauten verschiedene Stationen vorwiegend auf Matten auf, an denen wir abwechselnd teilnahmen. Mal drückten wir eine Stange hoch oder schoben einen Ball von uns weg bzw. nach oben. Dann liefen wir mit den Knien angezogen zur Brust auf einer sehr weichen Matte, was selbst für mich an sich Ausdauersportlerin anstrengend war. Später warfen wir mit Kraft einen Ball an die Wand, er kam am Boden auf und wir fingen ihn. Selbst für ganz blinde Menschen war das angesichts des hörbaren Balles machbar.
Anschließend gingen wir zur Wassergymnastik in den Pool, der aufgrund der Hitze und des schweißtreibenden Trainings angenehm erfrischend war.

Gastschützen beim Versuch Wir bummeln durch Hallstatt

Am Freitag Vormittag besuchten uns zahlreiche sehbehinderte und blinde Jugendliche, die sich alle Stationen anschauen wollten, so auch das Schießen mit dem Luftgewehr. Weil sich manche schwer taten, das Ziel zu finden, halfen wir beim Suchen. Den Freitag Nachmittag verbrachten wir Schützen mit unseren Betreuern in einer Eisdiele am Hallstätter See. Obwohl es sehr heiß war, genossen wir ein Eis und kühle Getränke. Viele Segler, Surfer, Schiffe und Schwimmer tummelten sich im Wasser. Wir unternahmen noch einen netten Spaziergang durch Hallstatt. Ein hochsommerlicher Tag reihte sich an den nächsten und so stand dem geplanten feierlich-abschließenden Lagerfeuer am Abend nichts im Wege. Trainer Lothar, Maria - meine Schützenfreundin - und ich gingen in der Abendstimmung hin und gegen 22 Uhr wieder zurück, um noch im Freien im Kaffeerestaurant einen Abendtrunk zu uns zu nehmen. Auf dem Rückweg sahen wir viele Glühwürmchen, die Grillen zirpten und die abendliche Abkühlung in den Bergen war einfach herrlich.

Ich genoss diese Woche in vollen Zügen, die leider viel zu schnell verging. So Gott will, bin ich nächstes Jahr sicher wieder dabei


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Letztes Update 19. Juli 2010
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