Diese Behinderten- und Sozialmesse fand am 4. und 5. Mai 2002 im Rathaus statt. Sie war zum Schnuppern, Kennenlernen und Mitmachen für Menschen mit und ohne besondere Bedürfnisse gedacht.
Nach dem großen Erfolg vom letzten Jahr, hatten Behindertenorganisationen, sowie Selbsthilfegruppen und Vereine auch diesmal wieder die Gelegenheit, sich gemeinsam vorzustellen und ihr breites Serviceangebot zu präsentieren. Sowohl geistig-, körperlich- oder sinnesbehinderte Mitbürger und chronisch Erkrankte, als auch deren Angehörige und alle sozial interessierten Wienerinnen und Wiener waren eingeladen, sich bei „Jeder für Jeden“ ausführlich zu informieren und mehr über Probleme und Herausforderungen, mit denen Menschen mit besonderen Bedürfnissen tagtäglich konfrontiert sind, zu erfahren. Das Programm reichte von Beratung und Information der mehr als 50 Selbsthilfegruppen über Beschäftigungsinitiativen bis hin zu Hilfestellungen bei der Wohnbauförderung.
Der Arkadenhof stand ganz im Zeichen von „Bewegung findet statt“ u. a. mit Rollstuhlparcours, Handbikes und Luftwaffenschießen für Blinde. Diesen Stand betreute ich und möchte von meinen Eindrücken erzählen
Ein Teil – genauer gesagt 10 Meter – der Arkaden wurde mit Planen und Metallstreben abgesichert, damit keine Gefährdung für die Besucher bestand. Die Rückwand, an der die Schießscheibe angebracht war, bestand aus einer dicken, großen Holzwand. So war gewährleistet, dass die Kugeln darin stecken blieben und kein Mensch weder durch die Arkaden noch seitlich herein gelangen konnte. Auf Grund eines Missverständnisses fehlte der Kugelfang, der zusätzlich schützend die Patronen auffangen sollte und zugleich als Scheibenstecker diente. Durch eine Idee meines Lebensgefährten und dank Helfern der Messe, konnte rasch improvisiert werden. Wir klebten einen dunklen Stoffteil in ca. 1,45 Metern Höhe an die Holzwand und darauf dann die Schießscheibe. Knapp seitlich davor stellten wir auf einem Fotoständer die Halogenlampe auf, die ein Punktstrahler ist, da ja nur die Scheibe ausgeleuchtet werden soll. Ein Tisch ca. 10 Meter entfernt am Zugang des Schießstandes diente als Auflage für die Waffe und den Ständer, worauf sie beim Schießen aufliegt.
Trotzdem es ein regnerischer und eher kühler Tag war, kamen viele Besucher und davon einige, die sich für das Luftgewehrschießen für Blinde interessierten. Ich erklärte die Funktion der Spezialoptik und den Umgang mit der Waffe. Ab und zu erlebten mein Helfer und ich auch witzige Situationen. Manche kniffen regelrecht die Augen zusammen und konzentrierten sich endlos lange auf den Ton, sodass sie aufs eigentliche Schießen mittels Abzug vergaßen. Andere versuchten krampfhaft unter der Optik nach Kimme und Korn zu suchen oder zumindest die Scheibe zu erspähen. Doch das ist schlichtweg unmöglich, wie man am Ergebnis sehen konnte, da der Schuss nicht die Scheibe traf. Zwei ganz Kluge legten keinen Wert auf meine Erklärungen, erzählten von ihren tollen Jagderfolgen und schoben den Ständer zwecks Waffenauflage zur Seite, da sie nur freihändig schossen. Die Treffer waren teilweise zwei Meter von der Scheibe entfernt, was sie verblüffte und mich schmunzeln ließ. Doch der Großteil der Menschen war wirklich interessiert, wollte genau wissen, wie diese Sportart funktioniert und versuchte sich selbst akustisch zu orientieren. Einige erzielten recht gute Ergebnisse, wie auch mein Helfer hier auf dem Foto.
Nachdem er einige Male in die Mitte der Scheibe getroffen hatte, nutzte er jede kleine Pause zum Schießen und ich entdeckte lächelnd Parallelen zu mir, denn Ehrgeiz und Eifer schienen ihn richtiggehend erfasst zu haben.
Es war ein gelungener Tag, außerdem ist jegliche Art der Öffentlichkeitsarbeit wichtig. Wir sind sehbehinderte bzw. blinde Menschen mit besonderen Bedürfnissen, doch wir haben aus eigener und der Erfahrung anderer Blinder Strategien entwickelt, die es uns ermöglichen, großteils ein selbständiges Leben zu führen.
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Letztes Update 7. Mai 2002
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